So eine Beziehungssache mit dem lieben Gott
Seit ich mich erinnern kann, war meine Familie in der Kirche aktiv. Durch den Beruf meines Vaters sind wir oft umgezogen und die Kirchengemeinden waren eine Möglichkeit, am neuen Ort anzukommen und neue Menschen kennen zu lernen. Es war normal, dass wir sonntags in die Messe gegangen sind. Ich erinnere mich, dass ich später als Jugendliche morgens auch mal ausschlafen wollte und so nicht mitgegangen bin. Aber dann habe ich mich gefragt, ob Gott nicht traurig ist, wenn ich nicht mit in die Kirche komme. Irgendwie hatte ich wohl schon eine Ahnung, dass das mit dem lieben Gott so eine Beziehungssache ist.
Jung und katholisch – Lebendigkeit
Nach meiner Erstkommunion war ich Messdienerin geworden und später auch Gruppenleiterin. Aber mir fehlte die Lebendigkeit bei den Messdienern, die ich in der Freien Evangelischen Gemeinde einer Freundin erlebte. Über eine Taizéfahrt bin ich auf das Jugendpastoralzentrum „Crux“ in Köln gestoßen und habe dort erlebt, dass man auch jung und katholisch sein kann. Wer weiß, vielleicht wäre ich sonst sogar irgendwann konvertiert.
Auch während meines Au Pairs in Australien und meiner Ausbildung zur Kinderkrankenschwester habe ich mir immer eine Gemeinde gesucht. Die Teilnahme am Gottesdienst war mir wichtig.
„Ferien im Kloster“
2012 habe ich beim Katholikentag in Mannheim die Sießener Franziskanerinnen kennen gelernt. Eine der Schwestern lud mich ins Kloster auf Zeit ein. Ordensschwestern kamen in meinem Leben bislang nicht vor und ich wusste nicht, dass man eine Art „Ferien im Kloster“ machen kann. So fuhr ich im August 2012 neugierig auf diese neue Welt ins Kloster Sießen. Besonders die Ausrichtung des Tages am Wort Gottes hat mich tief beeindruckt. Dass das Wort Gottes so konkret in meinen Alltag spricht, war eine neue Erfahrung für mich. Außerdem kam ich das erste Mal mit Eucharistischer Anbetung in Berührung, die mich irgendwie faszinierte und mir heute sehr wichtig geworden ist. Kurzerhand habe ich beschlossen, einige Wochen später zum Jugendfranziskusfest wiederzukommen, aber auf die Frage meiner Schwester, ob ich jetzt dort eintreten würde, antwortete ich entsetzt: „Nein!“ und auch mein Vater meinte nur: „Die Anna fährt da doch nur zu Besuch hin.“
Kloster – „Das machen doch nur die Anderen!“
Als ich 2013 die Kar- und Ostertage in Sießen verbrachte, merkte ich allerdings, dass dies eine Frage ist, der ich mich stellen muss. Ist das nicht nur ein Ort, wo ich gerne hinfahre, sondern gehöre ich dorthin? Zugleich hatte ich eine große Abwehr in mir: „Das machen doch nur die Anderen!“ Doch die Frage ließ mich nicht mehr los. Ich begann zuhause das Stundengebet zu beten und ging oft in die Hl. Messe. In der Zwischenzeit hatte ich nach langer Überwindung allen Mut zusammengenommen und eine der Schwestern gefragt, ob ich mal mit ihr sprechen könne. Als ich endlich mit der Sprache herausrückte, meine sie nur: „Ja, das sieht man.“ Oh je, stand mir meine Frage nun schon auf die Stirn geschrieben? Außerdem kam ich in Kontakt mit einer Mitschwester, die gerade erst ihre Erstprofess abgelegt hatte und mit der ich seitenlange E-Mails über meine Fragen und Gedanken schrieb. Ihre Begleitung hat mir sehr geholfen, das Durcheinander in meinem Herzen zu sortieren. In einem längeren Prozess formte sich in mir schließlich die Zustimmung zu diesem Weg, zu dem der Herr mich gerufen hat. Ich konnte innerlich „Ja“ sagen. Zwischenzeitlich hatte ich noch Kontakt zu einer anderen Gemeinschaft in der Nähe meines Ausbildungsortes, merkte aber, dass ich mich dort wohl fühle – gerne zu Gast bin, aber in Sießen, da bin ich Zuhause und so bat ich schließlich im Januar 2014 um Aufnahme in die Gemeinschaft. 2016 wurde ich ins Noviziat aufgenommen und legte 2018 meine Erstprofess ab.
Ich bin gespannt auf die Wege, die Gott mich weiterhin führen wird. Langweilig wird es ganz sicher nicht.
Sr. Anna-Chiara